In der letzten Ausgabe habe ich mich mit Terminologie befasst und sechs Gruppen von Bildern oder Metaphern vorgestellt, die das Konzept Sühne illustrieren. Es ist nun an der Zeit, eine gründlichere Erklärung zu versuchen. Dies ist kein geringes Unterfangen. Es kommt mir vor, wie wenn ich vor einem majestätischen Gebäude stehe, das viel größer und herrlicher ist als die prächtigste Kathedrale. Und nun bin ich dabei, dieses Gebäude zu beschreiben und zu erklären…
Hinweis: Die Ausgabe ist lang (vielleicht für die Weihnachtsferien?). Eine weitere – kürzere – Ausgabe zum Thema wird noch folgen. Wenn du alle drei Ausgaben als ein Dokument lesen möchtest, kannst du sie als PDF herunterladen. Diesen Brief gibt es in Englisch auch als VIDEO PODCAST und als AUDIO PODCAST
Biblische Wegweiser
Was folgt, ist eine Auswahl relevanter Bibelstellen, die als Einführung in unser Thema dienen können. Sie illustrieren das Rätsel, das wir zu lösen versuchen. Ich lade dich ein, diese Verse zu betrachten, bevor du weiterliest. Was bedeuten diese Dinge?
Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! (Joh. 1,29)
Nun aber, am Ende der Welt, ist er ein für alle Mal erschienen, durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben. (Heb. 9,26)
Denn es ist unmöglich, durch das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegzunehmen … Nach diesem Willen sind wir geheiligt ein für alle Mal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi … Denn mit einem Opfer hat er für immer die vollendet, die geheiligt werden. (Heb. 10,4, 10, 14)
Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen. (Mt. 26,31)
Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. (Röm. 3,25f)
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. (Röm. 5,8)
Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns; denn es steht geschrieben: „Verflucht ist jeder, der am Holz hängt“. (Gal. 3,13)
Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift. (1. Kor. 15,3f)
In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade. (Eph. 1,7)
Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn weggetan und an das Kreuz geheftet. Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und hat einen Triumph aus ihnen gemacht in Christus. (Kol. 2,14f)
Denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. (1. Pet. 1:18f)
Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand; der nicht widerschmähte, als er geschmäht wurde, nicht drohte, als er litt, er stellte es aber dem anheim, der gerecht richtet; der unsre Sünde selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, damit wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr heil geworden. (1. Pet. 2,21-24)
Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg … Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und in die Länge leben, und des HERRN Plan wird durch seine Hand gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden. (Jes. 53,5f, 10f)
Modelle
Häufig werden Erklärungen in Form von Modellen gegeben. Ein Modell ist eine vereinfachte Beschreibung der Wirklichkeit. Für die biblische Sühne-Idee basieren Modelle auf vermuteten Parallelen zwischen der menschlichen Welt und ihren Praktiken und Gottes Handeln. Mit anderen Worten, sie sind illustrativ und mehr oder weniger ungenau – eine Annäherung an die Wirklichkeit; vergleiche zu diesem entscheidenden Punkt den wichtigen Aufsatz von J. I. Packer (2019) über strafrechtliche Substitution.
Es ist üblich, den Schwerpunkt auf drei solcher Modelle zu legen: strafrechtliche Substitution, moralischer Einfluss und die Lösegeldtheorie oder das Christus-Victor-Modell. Diese drei Modelle wurden erstmals von Gustaf Aulén (2003) in einer klassischen Studie, die ursprünglich 1931 veröffentlicht wurde, auf diese Weise unterschieden. Auf dieses Buch wird oft Bezug genommen; es gibt kaum ein Buch über Sühne und Versöhnung, in dem Gustav Aulén nicht erwähnt wird.
Auléns Buch ist verständlich und klar, aber es hat auch problematische Seiten, mit weitreichenden Konsequenzen. Erstens behandelt er die drei Modelle als Alternativen, die sich gegenseitig ausschließen: Es ist das eine oder das andere, entweder/oder, nicht beides/und. Zweitens ist seine Analyse der Kirchenväter und der Urkirche verzerrt und ungenau. Sie hat zu dem heute weit verbreiteten Mythos geführt, dass die Kirche in den ersten tausend Jahren ihres Bestehens an einem Christus-Victor-Verständnis festhielt. Das stimmt so nicht; dazu mehr, wenn wir zum Christus-Victor-Modell kommen.
Darüber hinaus, so kommt es mir vor, brauchen wir mehr als drei Ideen, um dem Kreuz gerecht zu werden, sogar mehr, als ich hier aufführen kann. Ich werde zum Beispiel das Sündenbock-Modell von René Girard, das Kreuz als Offenbarung und die Idee der großen Umkehrung, die soziale Hierarchien auf den Kopf stellt (Lk. 1,51-3), weglassen, auch deswegen, weil sie nicht die Sühne im engeren Sinne des Wortes erklären.
Ich habe die Erklärungen, die ich abdecke, teils chronologisch, teils logisch geordnet, um so einen Weg durch das Labyrinth der Gesichtspunkte zu schaffen, der es uns hoffentlich ermöglicht, uns nicht zu verirren.
Das Opfer
Bei weitem die gebräuchlichste Art und Weise, wie das NT über den Tod Christi spricht, ist als Opfer. Wann immer sein Blut erwähnt wird, was häufig der Fall ist, steht der Gedanke des Opfers im Hintergrund.
Das Opfer wird normalerweise nicht als Modell betrachtet, vermutlich weil es die Sühne nicht erklärt. Es scheint damals selbsterklärend gewesen zu sein, was heute nicht mehr zutrifft. Es wird daher eher als ein Bild denn als Modell oder Theorie betrachtet. Dennoch muss das Bild des Opfers wegen seiner Vorherrschaft in der Bibel unser Ausgangspunkt sein.
Das Bild selbst ist vielschichtig. Es gibt das Passalamm, dessen Blut den israelitischen Erstgeborenen beim Exodus vor dem Tod bewahrte. Es gibt sowohl den alten als auch den neuen, durch Blut initiierten Bund. Jesus spricht ausdrücklich davon, wenn er das heilige Abendmahl einsetzt:
Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. (Mt. 26:27f)
Und dann gibt es noch den Versöhnungstag in 3. Mose 16 mit seinem aufwendigen Ritual. Er macht auf symbolische Weise die Notwendigkeit sichtbar, Sünde und Unreinheit zu beseitigen. Darüber hinaus gibt es weitere Opfertypen, die in 3. Mose beschrieben werden. Einige sind ausdrücklich, um „die Sühnung zu vollziehen“ (z.B. 3. Mo. 4f; 6:23). Andere Opfer dienen dazu, etwas oder jemanden zu heiligen. Noch eine weitere Opferkategorie ermöglicht eine Feier der innigen Gemeinschaft mit Gott (und anderen) in Form eines Opfermahls. Hier scheint es eine Abfolge zu geben, einen dreistufigen Prozess der Annäherung an Gott durch das Opfer: Schuld oder Unreinheit sühnen, heiligen, Gemeinschaft feiern.
Lässt sich darin die neutestamentliche Theologie der Rechtfertigung und der Heiligung erkennen, die zur Gemeinschaft mit Gott führt – durch den Opfertod Christi?
Das Blut Jesu, so 1. Johannes 1,7, „reinigt uns von aller Sünde“. Das ist keine Erklärung, aber vielleicht vermittelt es die Wahrheit wirksamer, als es eine Erklärung könnte.
Aber in der Mitte [des Tempelsystems] gibt es eine große beherrschende Idee: Ein Opfer ist etwas, das in die Hände Gottes gegeben wird, am dramatischsten, wenn es ein Leben ist, das mit dem Vergießen von Blut übergeben wird. Dieses Geschenk des Lebens oder des Blutes wirft irgendwie einen Schleier über die Sünde oder die Krankheit oder das Fehlverhalten eines Einzelnen oder eines ganzen Volkes. Es beseitigt die Folgen der Sünde; es bietet die Möglichkeit einer von Schuld ungetrübten Beziehung zu Gott; es ist ein Geschenk, das zwischen Gott und dem Versagen oder dem Fehlverhalten der Welt steht. Das Geschenk wird gegeben – und es ist ein kostspieliges Geschenk, weil es um Leben und Blut geht –, damit Frieden und Kommunikation zwischen Himmel und Erde wiederhergestellt werden können. Und dies wurde immer durch die Tatsache symbolisiert, dass das geopferte Tier gekocht und zerstückelt wurde, um Teil einer Mahlzeit zu werden, die nicht nur die Gemeinschaft untereinander, sondern auch die wiederhergestellte Gemeinschaft mit Gott zum Ausdruck brachte. Es ist ein Geschenk, das in der Sprache des Alten Testaments den Zorn und den Unmut Gottes abwendet. In der Fachsprache der Theologie „versöhnt“ es Gott, es macht die Dinge mit ihm wieder gut, aber es bringt ihn auch wieder in eine aktive Beziehung zur Welt. Als Höhepunkt stellt das Opfer den Bund Gottes mit dem Volk Gottes her – oder stellt ihn wieder her, bestätigt ihn. (Williams 2017: 24f)
Die Wirkung des Opfers
Trotzdem wollen wir mehr wissen. Wie funktioniert das Opfer? Welchen Mechanismus gibt es? Irgendwie reinigt es von Sünde und Unreinheit. Es bewirkt Sühne, um dieses Wort noch einmal zu verwenden.
Aber „irgendwie“ ist keine Erklärung. Es wirft die Frage auf: Wie bewirkt das Opfer dies? Was bewirkt es? Die klassische Antwort lautet natürlich, dass das Opfertier an Stelle des Opfernden stirbt und so die Folgen der Sünde auf sich nimmt. Das passt gut zum strafrechtlichen Substitutionsmodell (ersetze „Folgen“ mit „Strafe“)
Das gefällt Kritikern dieses Modells nicht. Für sie gibt es ein anderes, neues Verständnis des Opfers, das das Leben und nicht den Tod in den Vordergrund stellt. Für beide Ansichten findet sich die entscheidende Aussage in der zweiten Hälfte von 3. Mose 17, wo das Essen von Blut verboten wird:
Denn des Leibes Leben ist im Blut und ich habe es euch für den Altar gegeben, dass ihr damit entsühnt werdet. Denn das Blut ist die Entsühnung, weil das Leben in ihm ist. (3. Mo. 17,11)
Geoff Holsclaw (2019; Hervorhebung im Original) erklärt es so:
Viele meinen, dass laut 3. Mose 17,11 Blut als Symbol des Lebens und nicht als Symbol des Todes geopfert wird. Der Text sagt das sogar: „Des Leibes Leben ist im Blut“. Wenn das Leben im Blut ist, dann ist jedes Blutopfer in Wirklichkeit ein Opfern oder Freisetzen von Leben. In dieser Sichtweise wird Blut als Abwehr gegen den Tod geopfert oder als rituellen Reiniger, der die Auswirkungen der Sünde beseitigt. In dieser Sicht bietet Gott – der der Gott des Lebens ist – durch das Opfersystem Leben an als Mittel zur Überwindung des durch die Sünde eintretenden Todes.
In dieser Sicht besteht die Idee des Opfers darin, nicht einen Tod durch einen anderen Tod zu ersetzen, sondern den Tod durch das Leben zu ersetzen.
Dem durch die Sünde verursachten Tod wird durch das Leben entgegengewirkt – vorübergehend, weil das Tieropfer unvollkommenen ist.
Es kommt mir aber merkwürdig vor, das Opfer als „Freisetzen von Leben“ zu beschreiben. Leben wird nicht freigesetzt, sondern beendet. Ja, mein Leben wird befreit, aber auf Kosten eines anderen Lebens. Das Nettoergebnis ist in der Tat, wie Holsclaw behauptet, „den Tod durch das Leben ersetzen“, aber das geschieht, indem wir „einen Tod durch einen anderen Tod ersetzen“, nicht durch eine Übertragung von Leben vom Tier auf den Opfernden.
Hartmut Gese, einer der Begründer dieser neueren Sichtweise des Opfers, stellt fest: „Die kultische, heiligende Sühne ist in keiner Weise ein negatives Verfahren zur Beseitigung der Sünde oder zur Buße. Man kommt zu Gott, indem man durch das Todesurteil hindurchgeht“ (Gese 1981: 114). In der Tat – aber „das Todesurteil“ impliziert eine Bestrafung, die dann den zweiten, positiven Schritt hin zu Versöhnung ermöglicht. Es braucht sowohl das Negative (Beseitigung der Sünde) als auch das Positive (Heiligung).
Wie im vorigen Abschnitt dargelegt wurde, gibt es eine solche positive Seite des Opfers. Je nach Art des Opfers kann es auch dazu dienen, denjenigen, der das Opfer bringt, zu heiligen und die Person aus dem profanen Bereich in die Sphäre Gottes, in den Bereich des Heiligen zu versetzen. Das Opfer dient also nicht nur dazu, die Folgen der Sünde zu bewältigen; das muss aber der erste Schritt sein.
Und, was vielleicht noch wichtiger ist, beides geschieht durch den Tod. Das Opfer Christi hat die gleiche doppelte Wirkung, negativ und positiv, wie das Tieropfer, und ebenfalls durch den Tod (und die Auferstehung). Es reinigt und heiligt:
Denn es ist unmöglich, durch das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegzunehmen [aber durch das Blut Christi ist es nicht unmöglich] … Nach diesem Willen sind wir geheiligt ein für alle Mal durch das Opfer des Leibes Jesu Christi. (Heb. 10,4, 10)
Paulus drückt es so aus: Christus ist für uns gestorben und gleichzeitig sind wir mit ihm gestorben, damit wir auch an seiner Auferstehung teilhaben (auf diese Darstellung kommen wir noch zurück).
Bevor wir weitermachen, noch einige weitere Punkte, die es zu bedenken gilt:
- Wenn wir in diesem Zusammenhang von Sünden sprechen, kann es sich nicht auf die eigentlichen sündigen Handlungen beziehen. Sie gehören der Vergangenheit an und können nicht durch ein Opfer gereinigt oder auf eine Substitution übertragen werden. Das Wort Sünden muss hier eine Metonymie sein, ein verwandter Begriff, der in diesem Fall für die Folgen dieser Sünden steht. Die Sünden selbst können nicht weggenommen werden; aber jede daraus resultierende Schuld, Unreinheit, Fluch, anstehende Bestrafung und sonstige Folgen können weiter bestehen, bis sie beseitigt werden.
- Das Opfer im Alten Testament ist in vielen Fällen stellvertretend: Das Auflegen einer Hand (z.B. 3. Mo. 1,4) zeigt an, dass das Tier denjenigen vertritt, der es opfert.
- Es wird oft gesagt, dass das Sühneopfer niemals Gott zum Gegenstand hat; Sühne wird für Sünde(n) oder für Menschen geleistet. Es geht nicht darum, so die Argumentation, Gott umzustimmen, sondern die Sünde zu tilgen oder zu beseitigen. In 3. Mose wird jedoch oft gesagt, dass Opfergaben Gott dargebracht werden. Und nach Hebräer 9,14 hat Jesus „sich selbst als Opfer Gott dargebracht“, und wird durch sein Blut „unser Gewissen reinigen von den toten Werken“.
- Einige der Opfer im Gesetz werden als „lieblicher Geruch“ beschrieben; dies deutet darauf hin, dass sie Gott zum Ziel haben und durch das Opfer eine Änderung der Haltung Gottes bewirken.
All dies deutet darauf hin, dass die alte Art und Weise, die Wirkung des Opfers zu erklären, vielleicht doch zumindest teilweise richtig ist. Damit ist nicht gesagt, dass das Opfer auf Strafersatz reduziert werden kann; das würde zu viel auslassen. Das Opfer, das Christus darbringt, ist nicht nur sein Tod, sondern auch sein Leben, und es beschäftigt sich nicht nur mit dem Negativen, sondern schafft auch eine neue, positive Realität (vgl. Heb. 10,19-22; es reinigt nicht ein schuldiges, sondern ein böses Gewissen).
Der selige Wechsel (Tausch)
Obwohl es kein Modell der Sühne darstellt und keine Erklärung für dessen Funktionsweise liefert, muss hier das Motiv des „seligen Wechsels“ erwähnt werden. Zum einen ist es eine treffende Zusammenfassung dessen, was das Sühnopfer für uns zustande bringt. Zum anderen ist es in den frühesten Schriften der Kirche nach dem Neuen Testament weit verbreitet und findet sich auch im NT selbst wieder:
Denn ihr kennt die Gnade unseres Herrn Jesus Christus: obwohl er reich ist, wurde er doch arm um euretwillen, damit ihr durch seine Armut reich würdet. (2. Kor. 8,9)
Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt. (2. Kor. 5,21)
Michael Horton (2018: I, Kapitel 2) hält dies, und nicht irgendeine Form der Lösegeld-Theorie oder des Christus-Victor-Modells, für das grundlegende Verständnis der Urkirche. Und Oliver Crisp fasst die Aussagen des Irenäus von Lyon (ca. 130-ca. 202) und des Athanasius (ca. 297-373) bezüglich der Sühne mit dieser kurzen, aber eindringlichen Zeile zusammen: „Christus wurde Mensch, damit wir göttlich werden konnten“ (Crisp 2020: 47; Hervorhebung im Original). In der Tat ein großer Austausch.
Dies ist der wunderbare Tausch, den er aus seinem unermesslichen Wohlwollen heraus mit uns vollzogen hat; dass er, indem er mit uns Menschensohn wurde, uns mit ihm zu Söhnen Gottes gemacht hat; dass er durch seinen Abstieg auf die Erde für uns einen Aufstieg in den Himmel vorbereitet hat; dass er, indem er unsere Sterblichkeit auf sich nahm, uns seine Unsterblichkeit verliehen hat; dass er, indem er unsere Schwäche annahm, uns durch seine Macht gestärkt hat; dass er, indem er unsere Armut auf sich nahm, seinen Reichtum auf uns übertragen hat; dass er, indem er die Last unserer Missetat auf sich nahm (die uns unterdrückte), uns mit seiner Gerechtigkeit bekleidet hat. (Calvin 1960: 1362; Institutes 4.17.2)
Lösegeld- oder Loskauf-Theorie
Der Tod Christi ist ein Lösegeld, das unsere Befreiung erlangt. Es wäre übertrieben, hier von einer Theorie zu reden; es handelt sich eher um ein Bild. Als solches haben wir es bereits in der letzten Ausgabe angesprochen. Die Lösegeld- oder Loskauf-Idee ist in den Kirchenvätern weit verbreitet und hat klare und offensichtliche Wurzeln in der Heiligen Schrift. Folgendes ist dabei aber wichtig:
- Die Lösegeld-Idee wird selten zu einer umfassenderen Erklärung oder Theorie weiterentwickelt.
- Sie ist in der Regel nur ein Bestandteil eines viel umfassenderen Verständnisses des Sühneopfers.
- Es gibt keine Übereinstimmung darüber, an wen das Lösegeld gezahlt wurde – was es als Erklärung oder Theorie der Sühne etwas dürftig erscheinen lässt.
Letzteres weist auf eine entscheidende Schwäche der Lösegeld-Theorie hin. Es macht kaum Sinn, dass Gott sich selbst bezahlen würde, um unsere Freiheit zu erkaufen. Wurde das Lösegeld also an den Teufel gezahlt? Aber warum sollte der Teufel irgendwelche gesetzlichen Rechte über die Menschheit haben, Rechte von solcher Art, dass Gott sich verpflichtet fühlte, sie zu beachten? Ist Satan nicht selbst ein gesetzloser Rebell, dessen Macht auf roher Gewalt und Täuschung beruht und nicht auf legitimer Autorität?
In einigen Versionen der Lösegeld-Theorie wird der Teufel zu einem Deal überlistet. Er nimmt Jesus im Tausch gegen die Menschheit an und übersieht dabei, dass Jesus Gott in menschlicher Gestalt ist oder was das bedeutet: Er wird Jesus nicht im Tod gefangen halten können, entweder weil Jesus ohne Sünde ist und daher den Tod nicht verdient hat oder wegen seiner göttlichen Macht, die den Tod überwindet.
In anderen Variationen wird Satan nicht ausgetrickst, sondern er überschreitet schlichtweg seine Autorität. Indem er Jesus in blindem Hass tötet, tötet er ein unschuldiges Opfer, jemanden, der ohne Sünde ist. Er hat kein Recht dazu und hat deshalb seine Grenzen überschritten, was dazu führt, dass er die Kontrolle über den Tod verliert.
Es erscheint jedoch merkwürdig, dass Gott Satan dazu berufen hätte, die Institution des Todes zu überwachen und zu verwalten. Hinzu kommt, dass es keine wirkliche biblische Grundlage gibt für die Idee, dass der Teufel entweder in die Irre geführt wurde oder die Lage falsch beurteilte. Es gibt nur einen einzigen Vers, der zur Unterstützung zitiert werden könnte:
Wir reden von der Weisheit Gottes … die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. (1. Kor. 2,7f)
Es gibt jedoch im Kontext dieser Aussage keinen Hinweis darauf, dass Paulus an geistliche Mächte und nicht an menschliche Herrscher denkt. Das hier verwendete griechische Wort (archon) wird im NT nie für nichtmenschliche Mächte verwendet. Die einzige Ausnahme, immer im Singular, ist seine Verwendung entweder für Satan oder Beelzebul als Fürst oder Herrscher der Dämonen (z.B. Mt. 12,24) oder dieser Welt (z.B. Joh. 12,31). Das Wort bezieht sich nie auf die dämonischen Mächte selbst.
Normalerweise bezieht sich das Wort auf menschliche Behörden und Herrscher. Das passt zum Kontext von 1. Korinther 2. Jesus wurde von Menschen zum Tode verurteilt: „Unsre Hohenpriester und Oberen [haben ihn] zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt“ (Lk. 24,20).
Außerdem gibt es keinen Hinweis darauf, dass Adam die Herrschaft über die Schöpfung formell an den Teufel abgetreten oder verloren hätte. Durch Ungehorsam hat er sich dem Schutz Gottes entzogen. So konnte der Teufel ihn überwältigen. Aber diese Macht hat er widerrechtlich an sich gerissen; sie ist nicht legitim. Satan ist ein schlimmerer Übertreter und Übeltäter als die Menschheit.
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit. Wurde das Lösegeld dem Tod gezahlt? Schließlich hatte Gott gesagt, dass Adam sterben würde, wenn er von dem verbotenen Baum aß. Man könnte dies als eine Verpflichtung von Gottes Seite betrachten. Infolgedessen ist dem Tod etwas geschuldet. Aber auch wenn der Tod manchmal personifiziert und als Person dargestellt wird, ist er doch ein abstrakter Begriff. Gott schuldet dem Tod nicht, als ob er ein Versprechen gegeben oder eine vertragliche Beziehung mit dem Tod eingegangen wäre.
Es scheint besser, Begriffe wie erlösen oder Lösegeld als Metaphern zu verstehen, die befreien oder freilassen bedeuten. Es gibt einen Preis (Christus muss sterben), aber keine Zahlung (im Sinne einer Transaktion mit einem Empfänger). Wenn aber die Erlösung kein Modell, sondern nur ein Bild ist, bietet sie keine vollständige Erklärung.
Anselms Satisfaktionsmodell
Anselm von Canterbury (ca. 1033-1109) ist wohl die wichtigste Stimme über die Bedeutung der Sühne zwischen Augustinus und Luther. Interessanterweise vertritt heute kaum jemand seine Ansicht, aber praktisch jeder, der über die Sühne schreibt, diskutiert seine Ansichten – und das mehr als 900 Jahre nach seinem Tod.
Anselms Buch zum Thema hat sich als ein Meilenstein im Nachdenken über das Sühneopfer erwiesen. Abgesehen von Über die Menschwerdung von Athanasius (geschrieben vor 319) ist es vielleicht die erste gründliche und systematische Behandlung des Themas. Sein Titel ist Cur Deus Homo und bedeutet wörtlich „Warum ein Gott-Mensch“ oder „Warum Gott Mensch wurde“. Warum brauchte es für die Sühne jemanden, der sowohl Gott als auch Mensch war?
In seiner Antwort lehnte Anselm überzeugend jede Vorstellung eines Lösegeldes für den Teufel ab. Stattdessen musste Gott, nicht Satan, etwas gegeben werden, um den Verstoß gegen seine göttliche Ehre wiedergutzumachen (daher Satisfaktion oder Genugtuung).
Anselm glaubte nicht, dass Gott dies brauchte, da Gott nichts braucht. Aber der Gerechtigkeit musste Genüge getan und die Ordnung des Universums wiederhergestellt werden, entweder durch Bestrafung der Täter oder durch eine angemessene Genugtuung– moderner gesagt, durch eine Entschädigung. Christus tat letzteres, indem er Gott eine Gabe als Genugtuung anbot: seinen selbstlosen Tod.
Da Gott unendlich ist, ist das Vergehen unendlich und erfordert ein Geschenk von unendlichem Wert, um es wiedergutzumachen. Kein gewöhnlicher Mensch könnte dies leisten, aber der als Mensch geborene Sohn Gottes konnte es. Er konnte uns vertreten, weil er Mensch ist, und er konnte eine unendliche Genugtuung oder Entschädigung bringen, weil er selbst unendlich ist.
Das ist kohärent und logisch. Ich sehe nur eine Schwachstelle. Das Modell erklärt nicht, warum der freiwillige Tod Jesu ein so wunderbares Geschenk und ein Ausdruck der Liebe war, der dem Vater über alle Maßen gefiel, wenn er nicht tatsächlich etwas „tat“; was für ein Geschenk ist das? Welchen ausgleichenden Wert hat es?
Jedenfalls hat Christus nach Anselm nicht unsere Strafe getragen, sondern eine Entschädigung angeboten, als Ausgleich, um den Forderungen der Gerechtigkeit gerecht zu werden. Das ist also etwas anderes als strafrechtliche Substitution, aber beide Ansichten sind sich darin einig, dass die Befriedigung (Satisfaktion) der Gerechtigkeit von zentraler Bedeutung ist. Anselm ebnete damit den Weg für die Vorherrschaft der strafrechtlichen Substitution als Sühneverständnis, die auf die Reformation folgte und uns bis heute begleitet.
Exemplarisches Modell
Offensichtlich hat das, was Christus sowohl im Leben als auch im Sterben getan hat, Vorbildfunktion und soll unsere Lebensweise beeinflussen; in diesem Punkt werden alle Modelle übereinstimmen. Das exemplarische Modell, das gewöhnlich auf Petrus Abelard (ca. 1079-1142) zurückgeführt wird, argumentiert, dass dies die Essenz des Sühneopfers ist, und lehnt dabei jede Satisfaktionsvorstellung ab:
Abelards Hauptantwort auf die Sühnefrage kam in Form eines dritten umfassenden Paradigmas: Das Werk Christi besteht vor allem darin, der Welt die erstaunliche Tiefe der Liebe Gottes zur sündigen Menschheit zu demonstrieren. Das Sühnopfer richtete sich in erster Linie an die Menschen, nicht an Gott. Es gibt nichts, was Gott innewohnt, das besänftigt werden muss, bevor er bereit ist, der sündigen Menschheit zu vergeben. Das Problem liegt vielmehr im sündigen, verhärteten menschlichen Herzen mit seiner Furcht und Unwissenheit vor Gott. Die Menschheit weigert sich, sich Gott zuzuwenden und sich versöhnen zu lassen. Durch die Menschwerdung und den Tod Jesu Christi leuchtet die Liebe Gottes wie ein Leuchtfeuer und winkt der Menschheit zu kommen und Gemeinschaft mit ihm zu haben. (Eddy und Beilby 2006: 19)
Abelard selbst ist allerdings oft falsch dargestellt worden. Sein Verständnis war weiter gefasst und beschränkte sich nicht auf ein solches exemplarisches oder moralisches Einflussmodell (Johnson 2017). Besonders wichtig wurde das Modell erst im Laufe des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus in der liberalen Theologie.
Wenn der Tod Christi lediglich als Beispiel gilt (d.h. er „tut“ oder verändert nichts direkt; sein Tod wird rein exemplarisch verstanden), wird das Vorbild zu einer unmöglichen Belastung: Wie könnten wir diesem Standard gerecht werden? Das hat nichts mit Sühne zu tun.
Wird der Tod Christi aber als Einfluss verstanden, der als solcher eine Wirkung auf uns ausübt, könnte er als Versöhnung verstanden werden: Die menschliche Feindseligkeit Gott gegenüber wird dadurch überwunden, dass Gott uns seine Liebe zeigt. Das ist allerdings keine Sühne im engeren Sinne; Schuld und Sünde werden nicht getilgt, der Zorn Gottes nicht versöhnt.
Außerdem stellt sich die Frage, wie das Sterben Christi für uns die Liebe Gottes zum Ausdruck bringt. Warum musste Jesus sterben? Wie ist er für uns gestorben? Vielleicht, indem er zeigt, dass selbst die Kreuzigung Gott nicht davon abhält, uns zu lieben, aber das ist eine schwache Erklärung für Sühne.
Nochmals, das Kreuz zeigt sicherlich (auch) das Ausmaß von Gottes Liebe. Aber als eigenständige oder alleinige Erklärung für die Sühne reicht das exemplarische Modell nicht aus.
Strafrechtliche Substitution
Die strafrechtliche Substitution, auch forensische Theorie genannt, ist vielleicht so bekannt, dass sie keiner Erklärung bedarf (außer in Zitaten werde ich in diesem Abschnitt Substitution verwenden). Ich werde trotzdem eine geben:
Die Sühne als strafrechtliche Substitution setzt die Logik des Gerichts voraus. Sünde wird als Bruch des Gesetzes verstanden und zieht daher notwendigerweise eine Strafe nach sich, die unweigerlich den Tod bedeutet. Indem Jesus am Kreuz stirbt, bezahlt er die Todesstrafe für alle, die gerettet werden, und befreit sie so von der verdienten Strafe. Die Gerechtigkeit Gottes wird durch Jesu Tod befriedigt. (Holmes 2017: 295)
Obwohl Ansätze des Modells schon früh zu finden sind, erhielt es erst während der Reformation seine vollständige und systematische Formulierung. Es wurde zur vorherrschenden Erklärung unter Protestanten und Evangelikalen. Allerdings steht es heute unter Druck: „In jüngster Zeit wurde kein Lehrsatz zum Thema Sühne so verleumdet wie die der strafrechtlichen Substitution“ (Crisp 2020: 96). Aus diesem Grund werde ich mich auf Kritik und Fragen rund um das Modell konzentrieren. Ist die Idee wirklich so schlecht? Ich werde auf 14 Einwände eingehen, beginnend mit einigen der schwächeren.
1. Substitution ist göttlicher Kindesmissbrauch und fördert Gewalt. Gott ist zornig wegen unserer Sünde und bestraft seinen Sohn an unserer Stelle. Das Kreuz ist also göttliche Gewalt. Als solches ermöglicht und rechtfertigt es menschliche Gewalttätigkeit: Es ist richtig, zu bestrafen! Wenn darüber hinaus die Unterwerfung des Sohnes unter Leiden und Strafe lobenswert ist, dann ist auch die menschliche Unterordnung, nicht zuletzt die von Kindern und Frauen unter ihre männlichen Unterdrücker, lobenswert:
Wenn der beste Mensch, der je gelebt hat, sein Leben auf diese Weise hingab, dann sollten wir, um von Nutzen zu sein, uns ebenfalls opfern … Der göttliche Kindesmissbrauch wird als heilbringend vorgeführt, und das Kind, das leidet, „ohne eine Stimme zu erheben“, wird als Hoffnung der Welt gepriesen. (Brown und Parker 1989: 104)
Vermutlich weil er provokativ und anschaulich ist, wird der Vorwurf des göttlichen Kindesmissbrauchs in der Literatur zur Sühne bis zum Überdruss wiederholt (z.B. Eddy und Beilby 2006: 9f; Weaver 2011: 5; Horton 2018: II, 201; Crisp 2020: 7). Es gibt hier eine dreifache Ironie:
1. Wie von Williams (2007: 83f) hervorgehoben wurde, ist es nicht nur ein Argument gegen die Substitution, sondern gegen jede Ansicht, die meint, dass Christus nach dem Willen des Vaters gelitten hat. Lösegeld-Theorie und Christus Victor stehen nach diesem Maßstab nicht besser da.
2. Gott verübt keine der Gewalttaten, um die es geht. Er ist nicht der Richter, der das Urteil verkündet. Er ist nicht derjenige, der die Hinrichtung anordnet. Die Nägel werden von einem Soldaten eingehämmert, der auf Befehl eines anderen Herrschers handelt.
3. Greg Boyds Version von Christus Victor (2006), die den Missbrauchsvorwurf mitträgt, legt eine so starke Betonung auf Gottes Kriegsführung gegen das Böse, dass Gewalt sich auf Grund seines Modells eher rechtfertigen lässt als auf Grund eines Modells, das auf Bestrafung basiert. Eine solche Tendenz zeigt sich bei Boyd zwar nicht. Aber auch J. I. Packer und Leon Morris, zwei der fähigsten Verteidiger der Substitution, haben, soweit ich weiß, ihre Frauen nicht geschlagen und ihre Kinder nicht unterdrückt. Es geht hier nicht um die Person, sondern um das Gewaltpotential eines Modells oder einer Theorie. God at War, „Gott im Krieg“ (Boyd 1997) klingt potenziell viel gewalttätiger als „die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten“ (Jes. 53,5).
Sicher ist es möglich, das Kreuz als Werkzeug der Unterdrückung zu missbrauchen, das den Opfern sagt, sie müssten dem Beispiel Christi folgen und sich still ihrem Leiden unterwerfen. Die Substitution kann zur Rechtfertigung ungerechter Gewaltanwendung oder übermäßig autoritärer Strukturen in der Familie oder in der Gesellschaft benutzt werden. Die Lösung besteht dann aber nicht darin, eine auf dem Kreuz basierende Sühne zu verwerfen, sondern dem Missbrauch entgegenzuwirken: Wehe denen, die das Kreuz zu einem Instrument der Unterdrückung machen.
2. Die Substitution spaltet die Dreieinigkeit. Gibt es eine Spannung in Gott, zwischen dem Sohn und dem Vater, oder zwischen seinem Zorn und seiner Barmherzigkeit? Wenn der Sohn versucht, den Zorn des Vaters zu überwinden, und sei der Zorn noch so gerecht, wirken sie deshalb in entgegengesetzte Richtungen?
Auf keinen Fall. Sie haben die Erlösung gemeinsam geplant, in voller Übereinstimmung. Weder der Sohn noch der Vater ist widerwilliger Partner. In Johannes 3,16 heißt es: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab“. Dass Christus „sich selbst für unsre Sünden dahingegeben hat“ war „nach dem Willen Gottes, unseres“ (Gal 1,4). Wenn es eine Spannung gibt, dann zwischen seiner Barmherzigkeit und seiner Gerechtigkeit, aber nicht zwischen Vater und Sohn.
Bernard [von Clairvaux] sah das Kreuz als Versöhnung der Spannung zwischen der Barmherzigkeit Gottes und seiner Wahrheit und Gerechtigkeit. Wahrhaftigkeit verlangt, dass wir sterben, Barmherzigkeit, dass wir auferstehen … Als Christus unsere Strafe auf sich nahm, küssten sich Gerechtigkeit und Frieden … Der klassische Text hier ist Psalm 85,10 (der davon spricht, dass Barmherzigkeit und Wahrheit sich begegnen, dass Gerechtigkeit und Frieden sich küssen), der von Bernard viel zitiert wird (Lane 2008: 259)
3. Der Gott der Substitution ist ein zorniger Gott. Dieser Kritikpunkt verdient es, ernst genommen zu werden, nicht weil er richtig ist, sondern weil er eine weit verbreitete Empfindung wiedergibt. Er hat etwas damit zu tun, wie wir als Christen kommunizieren. Behauptungen von Substitutionsvertretern wie „Gott ist persönlich erzürnt über die Sünde“ (Schreiner 2006: 77) mögen die Karikatur vom zornigen Gott bestätigen.
Ein zorniger Gott, der Menschen bestraft – das mag eine Verzerrung sein, aber weil sie weit verbreitet ist, müssen die Befürworter der Substitution hart arbeiten und bessere Wege finden, das Kreuz als Sühne zu vermitteln.
Was nicht funktionieren wird, ist, Zorn als eine Kategorie zu entfernen, die auf Gott zutrifft. Auf diese Weise landen wir beim Gott des moralistisch-therapeutischen Deismus (der von Smith und Denton 2005 geprägte Ausdruck, um den Glauben amerikanischer Teenager zu beschreiben) – einer Wohlfühlreligion, in der das Kreuz kaum mehr ist als ein tröstliches Schmuckstück, das wir um den Hals tragen.
Die Gegner der Substitution beschweren sich oft darüber, wie das Modell zu einem verzerrten Bild eines zornigen und gewalttätigen Gottes führt. Aber es gibt ein entgegengesetztes Bild von einem zornlosen Gott, das nicht weniger verzerrt, wie die Studie von Smith und Denton belegt.
4. Wie kann Gott zornig sein, wenn er Liebe ist? Nun, wie kann er es nicht sein? Welche Art von Liebe kann bei Unrecht und böswilliger Zerstörung teilnahmslos zusehen? Gerade weil Gott Liebe ist, ist er nicht gleichgültig.
Aber natürlich müssen wir hier vorsichtig sein. Der menschliche Zorn ist eine sehr unvollkommene Parallele zum göttlichen Zorn. Menschlicher Zorn kennzeichnet sich durch Kontrollverlust und ist oft unverhältnismäßig und unbillig. Gottes Zorn hingegen ist „die Reaktion der heiligen Liebe auf das, was verdirbt … wie Heiligkeit sich ausdrückt, wenn sie Sünde begegnet“ (Cole 2017: 490). Übrigens: Paulus sieht kein Problem darin, dass Gottes Liebe uns vor seinem eigenen Zorn rettet, was bedeutet, dass in Gott Liebe und Zorn kein Widerspruch sind:
Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind! (Röm. 5,8f)
5. Substitution gibt dem Leben und der Auferstehung Jesu keinen Raum; alles, was zählt, ist das Kreuz. Dies mag eine Frage der Wahrnehmung sein. Wenn ein Befürworter der Substitution über die Bedeutung des Todes Christi am Kreuz schreibt, sagt er wahrscheinlich wenig über das Leben und die Auferstehung Christi. Eine umfassendere Behandlung des Sühneopfers ist sich der Bedeutung seines Lebens (z.B. begründet es eine positive Gerechtigkeit) und seiner Auferstehung (Jesus wurde „um unsrer Rechtfertigung willen auferweckt“, Röm. 4,25) bewusst. Mehr dazu später, im Abschnitt über Einheit und Rekapitulation.
Die Erlösung beinhaltet und bewirkt wesentlich mehr als nur Sühne im engeren Sinne (obwohl Sühne ein wesentlicher Bestandteil und Grundstein der Erlösung ist). Auch der Tod Christi am Kreuz bewirkt mehr als nur Sühne. Das bedeutet nicht, dass es unzulässig ist, eine Diskussion beispielsweise auf die strafrechtliche Bedeutung des Sühnetodes Christi zu beschränken.
6. Substitution ist (relativ gesehen) eine neue Idee; die Kirchenväter verstanden das Sühneopfer als Sieg Christi: ein Christus-Victor-Modell. Ich werde auf den zweiten Teil dieser Behauptung eingehen, wenn ich das betreffende Modell vorstelle. Was den ersten Teil betrifft, so gilt dies nur für eine systematische Darlegung des Substitutionsmodell. Damals, zur Zeit der Reformation, hatte aber außer Anselm kaum jemand versucht, das Sühneopfer systematisch zu erklären. Von der Satisfaktion der Gerechtigkeit Gottes statt von der Satisfaktion seiner Ehre zu sprechen, scheint ein Schritt nach vorn zu sein, zu einer besseren Erklärung des Sühnemechanismus. Und wie oben erwähnt, gibt es schon früh Hinweise auf eine strafrechtliche Sichtweise; siehe zum Beispiel das lange Zitat von Kyrill von Alexandria (ca. 376-444):
Denn wenn wir den wirklichen Charakter des Geheimnisses seines Werkes so gut wie möglich untersuchen, werden wir sehen, dass er nicht nur für sich selbst, ja nicht einmal besonders um seiner selbst willen starb, sondern dass er im Namen der Menschheit litt und sowohl das Leiden an sich als auch die anschließende Auferstehung vollzog. Denn dadurch, dass er nach dem Fleisch starb, opferte er sein eigenes Leben als Gegenwert für das Leben aller; und indem er für alle vollkommene Genugtuung leistete, erfüllte er in sich selbst bis zum Äußersten die Kraft dieses alten Fluches. Und indem er von den Toten auferstanden ist zu einem Leben, das unvergänglich und unaufhörlich ist, erweckt er in sich selbst die ganze Natur. (Kyrill von Alexandria 1885a: 210; Kommentar zu Johannes IX.; Hervorhebung hinzugefügt)
Sie führen ihn also weg zum Tod, den Urheber des Lebens; und das geschah um unseretwillen, denn durch die Macht und unbegreifliche Vorsehung Gottes führte der Tod Christi zu einer unerwarteten Umkehrung der Dinge. Denn sein Leiden war vorbereitet wie eine Schlinge für die Macht des Todes, und der Tod des Herrn war die Quelle der Erneuerung der Menschheit in Unverweslichkeit und Neuheit des Lebens. Er trug das Kreuz auf seinen Schultern, an dem er gekreuzigt werden sollte, und ging hinaus; sein Verhängnis war bereits vorherbestimmt, und er hatte um unseretwillen, wenn auch unschuldig, das Todesurteil auf sich genommen. Denn Er trug in Seiner eigenen Person das Urteil, das das Gesetz rechtmäßig gegen die Sünder ausgesprochen hatte. Denn Er ist nach der Heiligen Schrift für uns zum Fluch geworden: Denn verflucht ist jeder, der, wie es heißt, an einem Baum hängt. Und verflucht sind wir alle, denn wir sind nicht fähig, das Gesetz Gottes zu erfüllen: Denn in vielen Dingen stolpern wir alle; und sehr anfällig für Sünde ist die Natur des Menschen. Und da auch das Gesetz Gottes sagt: Verflucht ist der, der nicht in allen Dingen, die im Buch dieses Gesetzes geschrieben stehen, fortfährt, sie zu tun; der Fluch gehört also uns und nicht den anderen. Denn diejenigen, denen die Übertretung des Gesetzes zur Last gelegt werden kann und die sehr anfällig dafür sind, von seinen Geboten abzuweichen, verdienen sicherlich Züchtigung. Darum ist Er, der keine Sünde kannte, um unseretwillen verflucht, damit Er uns von dem alten Fluch erlöse. Denn der Gott, der über allem steht, genügte vollkommen, und starb so für alle; und durch den Tod seines eigenen Leibes erkaufte er die Erlösung der ganzen Menschheit.
Das Kreuz, das Christus trug, war also nicht für sein eigenes Verdienst, sondern es war das Kreuz, das auf uns wartete und uns zustand, durch unsere Verurteilung durch das Gesetz. Denn wie Er zu den Toten gezählt wurde, nicht um Seinetwillen, sondern um unseretwillen, damit wir in Ihm, dem Urheber des ewigen Lebens, die Unterwerfung der Macht des Todes durch Ihn finden; so nahm Er auch das Kreuz auf sich, das uns zusteht, und übertrug die Verdammnis des Gesetzes auf Sich selbst, damit der Mund aller Gesetzlosigkeit von nun an verstumme, wie es der Psalmist sagt; denn der Sündlose hat die Verdammnis für die Sünde aller erlitten. (Kyrill von Alexandria 1885b: 623f; Kommentar zu Johannes XII.; Kursivschrift im Original; Kyrill verfügt über ein vielseitiges und facettenreiches Verständnis der Sühne; dazu gehört die Vorstellung, dass Christus unseren Platz einnimmt und unser Todesurteil auf sich nimmt)
7. Im NT wird das Kreuz nie mit Bestrafung gleichgesetzt. Die wichtigste Aussage des Paulus über die Sühne in Römer 3,21-26 erwähnt weder Strafe noch Zorn. Der Tod Christi hatte nicht das Ziel, Zorn oder Verurteilung aufzuheben und ist keine Bestrafung. Paulus redet nie davon, dass Christus unsere Strafe für uns trägt.
Dieses Argument spielt im schon mehrmals zitierten Buch von Mark Baker und Joel Green, Recovering the Scandal of the Cross (2011), einewichtige Rolle. Von Anfang an hinterlässt es bei mir jedoch den Eindruck, dass eines seiner Hauptziele darin besteht, Menschen vom Substitutionsmodell abzubringen.
Natürlich wird das Wort Zorn in den beiden vorhergehenden Kapiteln im Römerbrief häufig verwendet, und Baker und Green sind sich dessen bewusst. Die Autoren konzentrieren sich auf Römer 1, wo die Offenbarung des Zornes Gottes ein gegenwärtiges und nicht ein zukünftiges Phänomen ist (Baker und Green 2011: 73, 77-83, ein recht langer Abschnitt). Aber sie sagen kaum etwas über Römer 2 und die Tatsache, dass Gottes Zorn auch eine zukünftige, eschatologische Seite hat. Das wird im Buch zwar kurz anerkannt, mehr aber nicht. Sie ignorieren auch, dass Kapitel 1 mit diesem Satz endet: „Sie wissen, dass, die solches tun, nach Gottes Recht den Tod verdienen“ (Röm. 1,32) – das klingt nach Bestrafung.
In Römer 2 und 3 steht die zukünftige Seite von Zorn und Gericht im Mittelpunkt. Das Gericht wird kommen, und an diesem Punkt im Römerbrief (3,20) bleiben alle Menschen ohne jede Hoffnung zurück, in diesem zukünftigen Gericht freigesprochen zu werden. Was wir brauchen, ist ein Weg, die sichere Verurteilung zu verhindern, die den Ungerechten und Gottlosen am Tag des Gerichts erwartet. Römer 3,21-26 offenbart diesen Weg.
Auch wenn in diesem Absatz die Worte Strafe, Zorn und Gericht fehlen, so zeigt er doch auf, wie Gott uns vor ihnen rettet. Schließlich hat Paulus gerade zwei Kapitel damit verbracht, die Drohung von Zorn und Gericht auszumalen; es ist nicht nötig, dies jetzt zu wiederholen.
Strafe ist in der Tat ein seltenes Wort im Neuen Testament und wird nicht im Zusammenhang mit dem Kreuz verwendet. Das Kreuz ist jedoch sehr wohl explizit mit dem Fluch verbunden: „Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns; denn es steht geschrieben: ‚Verflucht ist jeder, der am Holz hängt‘“ (Gal. 3,13). Dieser „Fluch des Gesetzes“ ist die rechtliche Konsequenz eines Bundesbruchs – und kommt im Wesentlichen einer Bestrafung gleich.
Die biblische Praxis des Opfers weist in die gleiche Richtung. Das Substitutionsmodell bietet eine einfache Erklärung dafür, wofür das Opfer steht: die Hingabe eines Lebens, die Vollstreckung eines Todesurteils. Wenn dies nicht die Bedeutung des Opfers ist, bleibt unklar, wie Blut Sünde sühnen (entfernen) oder Gottes gerechten Zorn über die Sünde versöhnen kann.
8. Substitution basiert auf modernen Konzepten der Rechtsprechung und der Justiz, die sich von den Rechtssystemen der biblischen Welt deutlich unterscheiden. Dieses Argument ist wichtig für Baker und Green (2011: 120f; es erscheint auch in ihrer Kritik an Charles Hodge in Kapitel 6, 166-91): In der Bibel haben wir es nicht mit dem westlichen Konzept des unpersönlichen Strafrechts zu tun.
Das ist wahr. Aber auch Bündnisse und beziehungsorientierte Rechtssysteme kennen Strafe als Konsequenz, einschließlich der Option eines Todesurteils und des Exils, wenn das Bündnis gebrochen wird. Die Sprache des „Fluchs“ findet hier ihren Platz.
Der Einspruch widerlegt nicht die Substitution, sondern begründet die Notwendigkeit, angemessen zu formulieren – wie in diesem Zitat geschieht, das auch in Baker und Green vorkommt: „Das vergossene Blut ist ein Zeichen dafür, dass Gott seine Bundestreue gerade dadurch bewiesen hat, dass er sich den rechtlichen und relationalen Sanktionen für den Ungehorsam gegenüber dem Bund unterzogen hat“ (Vanhoozer 2004: 398, zitiert in Baker und Green 2011: 186f; Hervorhebung original).
9. Hätte Gott sich dafür entscheiden können, Sünden einfach zu vergeben, ohne dass es einer Ersatzstrafe bedürfte? Muss er Sünde wirklich bestrafen? In der menschlichen Welt kennen wir die Praxis der Begnadigung, bei der ein Verbrecher freigelassen wird, ohne seine Strafe zu verbüßen. Hätte Gott eine allgemeine Begnadigung für alle aussprechen können, die Buße tun und sich an ihn wenden würden, und hätte er so seinem Sohn die Tortur des Kreuzes ersparen können? Wenn nicht, dann wäre Gottes Freiheit eingeschränkt: Er ist zur Bestrafung verpflichtet.
Es ist eine schwierige Frage, und sie wurde fast von Anfang an kontrovers diskutiert. Es reicht nicht aus, auf die vielen Schriftstellen hinzuweisen, in denen Gott schon vor dem Kreuz Sünde vergibt. Möglicherweise tat er dies ja in der Erwartung, zu einem späteren Zeitpunkt die Schuld zu begleichen, wie Römer 3,25f anzudeuten scheint: Es geht um Sünden, „die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen“ – nämlich, indem Christus die Schuld am Kreuz bezahlt. Dieselbe Selbstoffenbarung Gottes, die sagt, er sei „barmherzig und gnädig und geduldig“, sagt auch: „ungestraft lässt er niemand“ (2. Mo. 34,6f). Hier gibt es eine offensichtliche Spannung. Ist das Kreuz die einzig mögliche Lösung? Die Meinungen gehen auseinander.
Die Vorstellung, dass Gott „genauso gut“ hätte vergeben können, ohne Sühne oder Satisfaktion, ist nicht ohne Probleme.
- Ist die weit verbreitete menschliche Intuition falsch, dass Verbrecher für ihre Taten bezahlen sollten, umso mehr, wenn es sich um grausame Verbrechen, wie z.B. Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt? Der Hebräerbrief sieht es als gerecht an, dass „jede Übertretung und jeder Ungehorsam den rechten Lohn empfing“ (Heb. 2,2).
- Vergeben und Begnadigen sind nicht das gleiche. Vergebung ist persönlich und privat; es ist allein meine Entscheidung, ob ich eine Schuld, welcher Art auch, die mir jemand schuldet, vergeben will. Begnadigung (Straferlass) ist öffentlich und formell; sie ist eine Handlung, die von Herrschenden und Regierenden vorgenommen wird. Deshalb:
- Es geht nicht nur darum, was Gott um seiner selbst willen verlangt (oder wünscht); die Fragen sind öffentlich, nicht privat, und es geht auch darum, was das Universum als Gottes Schöpfung braucht. Selbst wenn Gott keine Vergeltung bräuchte, was ist mit anderen? Was ist mit den Opfern von Ungerechtigkeit? Ist es fair, die Täter frei gehen zu lassen?
- Um es anders auszudrücken: Gott muss „in der Rechtfertigung gerecht sein“ (Davidson 2017: 52). Das schockierende Paradoxon des Römerbriefes besteht darin, dass Gott die Gottlosen rechtfertigt (Röm. 4,5). Wie kann das gerecht sein? „Was die Sühnelehre zögernd zu artikulieren versucht, ist die ultimative Gleichberechtigung von Gottes Liebe und Gottes Licht (Gerechtigkeit, Heiligkeit). Am Kreuz verliert weder Barmherzigkeit noch Gerechtigkeit“ (Vanhoozer 2004: 403). Es ist nicht sicher, dass Gott dies ohne das Kreuz hätte tun können.
- Eine freie Begnadigung könnte die Sünde billig erscheinen lassen. Und sie könnte die Liebe Gottes weniger offensichtlich machen. Der Weg des Kreuzes bedeutet, dass es ihn teuer zu stehen kam. Da Gott ihn gewählt hat, können wir davon ausgehen, dass es der bestmögliche Weg war.
- Vielleicht brauchen wir die Substitution, damit wir seine schockierende Großzügigkeit akzeptieren können. Woher sollen wir sonst wissen, dass die angebotene Begnadigung echt ist? Als Gott die Strafe für unsere Sünde präventiv bezahlte, sandte er ein starkes Zeichen, dass er es ernst meint.
- Vielleicht brauchen wir (oder zumindest manche von uns) sie auch aus einem anderen Grund. Wenn Gott uns ohne weiteres einfach vergeben würde, könnten wir dann glauben, dass die Schuld beseitigt wurde? Und wären wir in der Lage, unser Schamgefühl in seiner Gegenwart zu überwinden?
- Jede vernünftige Begnadigung setzt Reue voraus. Es handelt sich nicht um eine allgemeine Begnadigung ohne irgendwelche Bedingungen; bei einer bedingunslosen Freilassung würde wahrscheinlich alles unverändert bleiben – oder es käme noch schlimmer. Vielleicht würde sogar Satan von dieser Art der Begnadigung Gebrauch machen?
Aber wenn Buße und Lebensveränderung eine Bedingung sind, wer wird dann Erfolg haben? Israels Buße im Alten Testament hat nie lange gedauert; warum sollte es uns besser gehen? Zugegebenermaßen bedeutet dies, dass die Substitution keine vollständige Lösung ist; aber dann würde auch einfache Vergebung nicht ausreichen. Es fehlt noch ein wichtiges Stück.
10. Es macht keinen Sinn, sowohl zu bestrafen als auch zu vergeben. Wenn Sünde vergeben werden kann, muss sie nicht bestraft werden; wenn Sünde bestraft wird, braucht es keine Vergebung. Oder doch? Drei Gedanken dazu:
- Es kann sein, dass die Ersatzstrafe die Vergebung bewirkt: Gott vergibt durch (mittels) Substitution. Vielleicht weist Kolosser 2,13f in diese Richtung: Gott „hat uns vergeben alle Sünden. Er hat den Schuldbrief getilgt … und an das Kreuz geheftet“. Vergeben oder getilgt? Die Aussage zeigt eine ähnliche Spannung.
- In unserem modernen Rechtssystem gibt es keine Verbindung zwischen Strafe und Vergebung. Die Opfer eines Verbrechens können dem Täter verzeihen; der Richter wird den Täter dennoch verurteilen und bestrafen. Auch wenn die Dinge in biblischen Zeiten anders waren, beweist diese Tatsache, dass der Einwand keine universelle Wahrheit ist.
- Die Bestrafung hebt die Folgen eines Verbrechens nicht auf. Der Verbrecher, der nach Verbüßung seiner Strafe freigelassen wird, ist nicht in jedem Sinne des Wortes wiederhergestellt – ganz im Gegenteil! Vergebung ist persönlich und folgt nicht automatisch auf Strafvollzug.
- Craig (2020: 242-64, Kapitel 12) argumentiert allerdings, dass die göttliche Vergebung als offizielle Begnadigung zu verstehen ist, nicht als persönliche Vergebung, die eine rein private Angelegenheit ist. Gott bietet uns ein Generalpardon an.
Kann eine Begnadigung aber gerecht sein? Wie lässt sich rechtfertigen, dass manche Verbrecher ihre Strafe nicht verbüßen? Gott ist sowohl Richter als auch Herrscher mit dem Recht der Begnadigung. Als solcher steht er vor dem Dilemma des gerechten Richters: Wie kann man gerecht und trotzdem barmherzig sein? Die strafrechtliche Substitution ist die Lösung für dieses Dilemma. Vergebung bedeutet also nicht, dass Gott auf Bestrafung verzichtet, sondern dass er darauf verzichtet, uns zu bestrafen. Vergebung und Bestrafung widersprechen sich in diesem Fall somit nicht.
11. Wie kann der Tod eines einzigen Menschen für die Sünden und Schulden eines jeden bezahlen? Eine mögliche Antwort lautet: weil er auch göttlich und damit unendlich ist. Jeder andere Mensch hätte nicht gereicht; nur der Gottmensch, der unendlich ist, kann das.
Stellen wir uns eine Waage vor. Auf der einen Seite sind alle Menschen aufgetürmt, jeder, der jemals gelebt hat und jeder, der noch leben wird. Auf der anderen Seite ist Christus. Wird das ausreichen? Die Antwort ist ja. Denn er ist auch Gott; da er unendlich ist, überwiegt er die Gesamtheit der endlichen Menschheit.
12. Es ist nicht möglich, Sünde oder Schuld zu übertragen. Eine finanzielle Schuld oder Bußgeld kann von jemand anderem beglichen werden, aber eine solche Möglichkeit gibt es im Strafrecht nicht. Eine andere Person kann nicht für mich ins Gefängnis gehen.
Allerdings: Nur weil es in unserem Strafrechtssystem nicht möglich ist, eine gesetzliche Strafe für einen anderen Menschen auf sich zu nehmen, bedeutet das nicht, dass es grundsätzlich unmöglich ist.
Eventuell wird nicht Sünde oder Schuld übertragen, sondern, wie Crisp (2020: 97) es ausdrückt, die „strafrechtlichen Folgen“ der Sünde.
Mit anderen Worten: Gott „hat Christus das Leiden zugefügt, das wir als Strafe für unsere Sünden verdient haben, wodurch wir keine Strafe mehr verdienen. Beachte, dass diese Erklärung die Frage offen lässt, ob Christus für unsere Sünden bestraft wurde“ (Craig 2020: 168). Letzteres wird von vielen Befürwortern der Substitution bestritten:
Nach einem solchen Verständnis hat Gott Christus mit dem Leiden heimgesucht, das, wenn es uns zugefügt worden wäre, unser gerechtes Verdienst und damit die Strafe gewesen wäre. Mit anderen Worten: Christus wurde nicht bestraft, sondern er ertrug das Leiden, das unsere Strafe gewesen wäre, wenn es uns zugefügt worden wäre. (Craig 2020: 169)
Das NT spricht wiederholt davon, dass Christus für unsere Sünde(n) gestorben ist oder sich hingegeben hat (1. Kor. 15,3; Joh. 1,29; Gal. 1,4; Heb. 5,1.3; 9,28; 1. Pet. 2,24; 3,18). Die Substitution bietet die einfachste Erklärung dafür, was dies bedeutet.
13. Die Substitution ist ungerecht. Sie führt zur Bestrafung eines Unschuldigen. Das würde Gott niemals machen.
In den meisten Fällen ist das wahr. Aber wenn der Stellvertreter sich wirklich freiwillig meldet? Es ist normalerweise unmöglich, die Erfüllung dieser Bedingung zu überprüfen und zu garantieren – ein guter Grund, eine solche Praxis in unserem Justizsystem nicht zuzulassen. Aber warum sollte es immer falsch sein? Diese Frage wird selten gestellt, geschweige denn beantwortet. Wie Craig (2020: 197f) anmerkt:
Der Einwand ist also der bekannte Einwand des Sozinianismus, dass es ungerecht von Gott wäre, Christus, eine unschuldige Person, an unserer Stelle zu bestrafen. Die Gegner der strafrechtlichen Substitution, die auf diesen Einwand drängen, entwickeln ihn fast nie … Es gibt nichts, mit dem man sich auseinandersetzen könnte, nur die Frage selbst: Wie wird der Gerechtigkeit gedient, wenn eine völlig unschuldige Person bestraft wird? Wir müssen tiefer gehen.
Und wenn Craig (ebd.: 198ff) das tut, bleibt vom Einwand wenig übrig. Für diejenigen Befürworter der Substitution, die glauben, dass Christus nicht bestraft wurde (siehe vorigen Punkt), macht der Einspruch keinen Sinn. Aber selbst, wenn man glaubt, dass Christus für unsere Sünden bestraft wurde, wäre er nicht unschuldig, wenn man annimmt, dass unsere Sünden ihm zugeschrieben wurden. Er haftet dann für das, was wir getan haben. Das führt dann aber zum nächsten Einwand.
14. Substitution ist eine juristische oder rechtliche Fiktion. Dieser Einwand folgt aus dem vorhergehenden Punkt. Meine Sünde wird Christus zugeschrieben; er haftet für meine Vergehen. Gott täuscht etwas vor und rechnet Christi Leiden als meine Strafe an (und, in der reformierten Theologie, seine Gerechtigkeit als meine Gerechtigkeit). Jeder kann sehen, wie unwahr diese Annahmen sind.
Nehmen wir für einen Moment an, dass wir es tatsächlich mit einer rechtlichen Fiktion zu tun haben. Warum wäre das schlecht?
In der Rechtsordnung ist die rechtliche Fiktion ein nützliches Instrument. Unternehmen, Vereinigungen und andere Institutionen können als „juristische Personen“ gezählt werden. Niemand glaubt, dass IBM oder das Deutsche Rote Kreuz eine reale Person ist. Die Fiktion ermöglicht legales Eigentum und vertragliche Verpflichtungen; sie ist sehr nützlich. Auch die Adoption ist eine juristische Fiktion (der Elternschaft). Der entscheidende Punkt: Die Folgen und Ergebnisse von etwas, das auf einer juristischen Fiktion beruht, sind konkret und real, und keineswegs fiktiv.
Craigs Verteidigung der rechtlichen Fiktion (2018b; 2020: Kapitel 10, 197ff) ist höchst lesenswert. Die bloße Behauptung, das Sühnopfer (oder die Substitution) sei eine juristische Fiktion, widerlegt die Substitutionsidee nicht.
Außerdem ist unsere Beziehung zu Christus (und seine Beziehung zur Menschheit) mehr als nur formal und juristisch. Er ist einer von uns geworden; seine Stellvertretung ist nicht fiktiv. Im letzten Teil, über Einheit und Rekapitulation, werde ich darauf zurückkommen.
Zusammenfassend: Es scheint, dass die Substitution ein gültiger Weg ist, von der Sühne zu reden, hilfreich, um zu verstehen, was sie beinhaltet – aber sie ist unvollständig. Irgendwann hören Rechtssysteme und Konzepte der Rechtsprechung auf, hilfreich zu sein; schließlich ist die Substitution nur ein Modell, keine exakte Parallele. Substitution muss in andere biblische Bilder und Konzepte (in erster Linie das des Opfers) eingebettet werden. Ich setze meine Suche fort: Gibt es noch weitere Facetten, die berücksichtigt werden müssen?
Book Recommendation
Craig, William Lane. 2020. Atonement and the Death of Christ: An Exegetical, Historical, and Philosophical Exploration (Waco: Baylor University Press)
Crisp, Oliver. 2020. Approaching the Atonement: The Reconciling Work of Christ (Downers Grove, Illinois: InterVarsity Press)
Williams, Rowan. 2017. God With Us: The Meaning Of The Cross And Resurrection – Then And Now (London: SPCK)
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Literaturangaben
Die hier aufgeführte Bibliografie enthält die Angaben für alle drei Teile dieser Reihe.
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